Felsstürze sind im Gebirge eine natürliche Erscheinung. Zur Gefahr werden sie nur, wenn Steinschlag im Bereich von Siedlungen oder Verkehrswegen niedergeht. Um Risiken besser abschätzen und geeignete Sicherheitsvorkehrungen treffen zu können, erforschen Wissenschafter des Instituts für Geographie und Raumforschung der Karl-Franzens-Universität Graz am Dachstein die Vorgänge im Fels sowie die Bedingungen, unter denen sich Sprengkräfte im Gestein entwickeln. Messdaten liefert ein eigens für das Projekt konstruiertes Gerät.
„Die Ursachen von Steinschlag im Gebirge lassen sich nicht so einfach erklären, sondern sind von einem komplexen Zusammenspiel mehrerer Faktoren abhängig“, weiß Univ.-Prof. Dr. Oliver Sass, Leiter des vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekts „Rocking Alps“. Feuchtigkeit spielt eine entscheidende Rolle bei der Verwitterung. Daher seien dem Regen zugewandte Westhänge und schattige Nordhänge potenziell stärker steinschlaggefährdet als Ost- und Südlagen.
Allgemein bekannt ist auch das Phänomen der Frostsprengung: Wenn Wasser gefriert, erhöht sich sein Volumen um fast neun Prozent, wodurch der Druck auf die Umgebung steigt und sie zum Bersten bringen kann. Doch oft sei Eis nur indirekt Auslöser einer Absprengung. „Üblicherweise gefriert zuerst das Wasser in den äußeren Schichten des Gesteins. Durch seine Ausdehnung drückt es die Feuchtigkeit im Inneren noch weiter in den Fels hinein. Dadurch erhöht sich der Porenwasserdruck, was ab einem gewissen Ausmaß zum Zerbersten führt“, erklärt Oliver Sass.
Die Details der Vorgänge sind jedoch noch weitgehend unbekannt. Wie viel Wasser muss in einen Felsen eindringen und wo muss es wann zur Verfügung stehen, damit es zum Bruch kommt? Welche Wetterlagen und Temperaturen begünstigen einen Steinschlag? Das Projekt „Rocking Alps“ soll mit seinen Untersuchungen am Dachstein Antworten darauf geben.
Um Rückschlüsse auf die Feuchtigkeit im Felsen ziehen zu können, messen die Grazer Wissenschafter die elektrische Leitfähigkeit im Gestein mittels ERT - Electrical Resistance Tomography. Das dabei eingesetzte Spezialgerät wurde extra für das Projekt entwickelt. Es liefert ein Schnittbild des Gesteins und zeigt, an welchen Stellen sich Feuchtigkeit konzentriert. Gleichzeitig lässt es erkennen, wo das Wasser gefriert. Darüber hinaus werden auch Druck und Temperatur ermittelt, um das Wechselspiel zwischen den einzelnen Faktoren zu verstehen. Zusätzlich zeichnet eine kleine Wetterstation die meteorologischen Bedingungen auf. Die Aufklärung der Zusammenhänge soll in Zukunft bessere Prognosen über Steinschlaggefahr und -wahrscheinlichkeit ermöglichen.