Ansteckungsgefahr, unsichere Zukunft, ungewohnte Einschränkungen: Die Covid-19-Krise setzt uns alle unter Druck. Wie stark die psychische Belastung für die österreichische Bevölkerung ist, haben ForscherInnen der Universität Graz in einer ersten Studie erhoben. Besonders betroffen sind jüngere Menschen – vor allem, wenn sie noch in Ausbildung sind. Wer Informationen hauptsächlich aus dem Internet bezieht, ist ebenfalls stärker belastet.
Von 25. März bis 3. April – also noch am Anfang der von der Regierung verhängten Maßnahmen – befragten PsychologInnen der Universität Graz für Ihre Online-Studie mehr als 4000 Personen in ganz Österreich. Rund drei Viertel der Rückmeldungen kamen von Frauen. Eine ähnliche Studie wurde zuvor in China durchgeführt – auch da waren knapp 70 Prozent der TeilnehmerInnen weiblich. „Wir wissen, dass Frauen eher bereit sind, an Umfragen teilzunehmen. Die Ergebnisse zeigten aber auch, dass sie im Durchschnitt stärker belastet waren als Männer“, erklären die AutorInnen Claudia Traunmüller und Rene Stefitz vom Institut für Psychologie der Universität Graz.
Hoher Druck
Rund zwanzig Prozent der ProbandInnen leiden unter moderaten bis schweren Angstsymptomen, gut ein Viertel zeigen mittlere oder schwere Symptome einer Depression. Bei knapp 20 Prozent vermuten die ForscherInnen eine Stressbelastungsstörung. „Depression, Angst und Stress im schwereren Ausprägungsgrad treten damit bei uns häufiger auf als in der chinesischen Stichprobe“, fasst Traunmüller zusammen.
Stressfaktoren
Neben der Sorge um Angehörige sind fehlende Informationen zur Selbstbehandlung einer Infektion beziehungsweise zum Umgang mit seelischem Druck Faktoren, die den StudienteilnehmerInnen zusetzen. Weiters haben die WissenschafterInnen festgestellt, dass das Ausblenden und Herunterspielen von Bedrohungen, die von Covid-19 ausgehen, ebenfalls mit höheren psychischen Belastungswerten zusammenhängen.
SchülerInnen, Studierende und Menschen in Ausbildung leiden besonders unter der aktuellen Situation. „Das dürfte mit den jetzt verstärkt aufgetretenen Unsicherheiten über den Ausbildungsverlauf, Stipendien, Zulassungsvoraussetzungen et cetera in Verbindung stehen“, schließt Traunmüller.
Angstmacher Internet
Auffallend ist für die Psychologin auch ein weiterer Zusammenhang: Personengruppen, die Nachrichten über die Pandemie hauptsächlich aus dem Internet beziehen, weisen eine höhere mentale Belastung auf. „Eine mögliche Ursache dafür ist der vermehrte Konsum von nicht evidenzbasierten Informationen“, so die Forscherin.
Spezifisches Wissen über Übertragungsmöglichkeiten und die Entwicklung der Pandemie, soziale Kontakte mit Familie und Freunden über Telefon oder Internet, die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten sowie ein allgemein guter Gesundheitszustand haben sich hingegen als Faktoren herauskristallisiert, die positiv stimmen. „Körperliche Aktivität, ausreichend Schlaf sowie weitere gesundheitsförderliche Maßnahmen wäre also auch in der jetzigen Krise sinnvoll“, betonen die PsychologInnen.