Derzeit warten in Österreich 790 Personen auf ein Spendeorgan. Rund drei Viertel davon brauchen eine neue Niere, am zweithäufigsten wird eine Leber benötigt. Gerade diese ist aber oft nur in eingeschränkter Qualität zu bekommen, weil SpenderInnen immer älter werden und ihre Organe in Mitleidenschaft gezogen sind. Ein neues bildgebendes Verfahren, das ForscherInnen der Universität Graz und der Medizinischen Universität Graz aktuell gemeinsam entwickeln, soll ermöglichen, den Zustand eines für die Transplantation freigegebenen Organs schneller und umfassender beurteilen zu können. Die Leber dient ihnen dabei als Testmodell. „Unsere Methode soll einerseits die Anzahl der Transplantationen insgesamt steigern, andererseits wollen wir vorgeschädigte Organe leichter identifizieren. Eine bessere Selektion im Vorfeld bedeutet weniger Folgeeingriffe“, erklären die Projektleiter Philipp Stiegler (Klinische Abteilung für Transplantationschirurgie der Med Uni Graz) und Robert Nuster (Institut für Physik der Universität Graz).
Das Beste aus zwei Welten
Herkömmliche Methoden zur Qualitätsbeurteilung, etwa Laborparameter oder eine Biopsie, sind zeitaufwändig und können immer nur örtlich begrenzte Momentaufnahmen liefern. Die Leber ist auch aufgrund der starken Durchblutung ein Organ, dessen Zustand ohne invasive Methoden nur schwer bewertet werden kann. Das Projektteam aus PhysikerInnen, MedizinerInnen und TechnikerInnen kombiniert die Vorteile zweier bildgebender Verfahren, die bereits im Einsatz sind: die der optischen Bildgebung und die des Ultraschalls. „Durch dieses Zusammenspiel erhalten wir starken Kontrast und eine hohe Auflösung“, beschreibt Robert Nuster.
Der Physiker beschäftigt sich mit den Eigenschaften und Möglichkeiten der photoakustischen Bildgebung. Diese Methode nutzt meist kurze Lichtpulse, die in das Gewebe diffus eindringen und von den Gefäßen absorbiert werden. Die dadurch rasch entstehende lokale Erwärmung erzeugt ein breites Spektrum von Ultraschallwellen, die außerhalb der Organe detektiert werden. „Absorbierende Gefäße agieren hier also als Schallquellen, deren Stärke und Position wir rekonstruieren. So entstehen hochaufgelöste, kontrastreiche Aufnahmen bis in tiefe Regionen des Organs“, schildert Nuster.
Die neue Kombination, so ist sich das Forschungsteam sicher, wird Bilder erzeugen, die viel mehr Informationen preisgeben als bisher – zum Beispiel über den Zustand kleinster Blutgefäße oder über die räumliche Verteilung der Sauerstoffsättigung. „Diese Daten ergänzen gängige Berurteilungsmethoden ideal und verkürzen dadurch den Bewertungsprozess“, bestätigt Philipp Stiegler. Die ForscherInnen wollen ihre Methode in Zukunft so weit präzisieren, dass Spendeorgane, die aufgrund minimaler Makel als nicht transplantabel eingestuft wurden, sogar „gerettet“ werden können. „Wenn wir bestimmte pathogene Prozesse rechtzeitig sehen und in den Griff bekommen, könnten wir diese ausgeschiedenen Organe möglicherweise doch fit für den Einsatz machen“, schildert der Mediziner.
Das Projekt „OMiPPAB“, das Anfang 2020 gestartet ist und von der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG unterstützt wird, läuft nun für drei Jahre. Este Ergebnisse erwarten die WissenschafterInnen Anfang 2021. Mit an Bord ist auch das steirische Unternehmen MIDES, ein Spezialist für die Aufbereitung und Reparatur von Ultraschall-Sonden sowie den Handel von Ultraschall-Geräten.