Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören weltweit zu den häufigsten Todesursachen und werden durch Atherosklerose, einer chronisch entzündlichen Verengung und Versteifung der Aorta, verursacht. Allerdings kann nur zirka die Hälfte aller Fälle durch bekannte Risikofaktoren, wie etwa einen erhöhten Cholesterinspiegel, erklärt werden. Jetzt tritt zunehmend ein bislang unbekannter „Schuldiger“, die Aminosäure Homocystein, als neuer, weitgehend unerforschter unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung von Atherosklerose in den Fokus der biomedizinischen Forschung. Nicht nur kardiovaskuläre Erkrankungen, sondern auch Schädigungen des Nervensystems und der Atemwege sowie Fettleber, Insulinresistenz und Krebs stehen in Zusammenhang mit Homocystein und machen dessen Stoffwechsel zu einem wichtigen Ansatzpunkt für mögliche Therapien. Allerdings sind die Mechanismen, wie Homocystein diese Krankheiten verursachen oder begünstigen kann, kaum verstanden, was die Entwicklung von neuen Therapie-Ansätzen maßgeblich erschwert.
In der aktuellen Ausgabe des „Journal of Biological Chemistry“ belegen die ForscherInnen der Karl-Franzens-Universität Graz eine entscheidende Rolle für das Enzym, das für die Synthese von Homocystein verantwortlich ist, an der Regulation des Fettstoffwechsels. Als Basis für diese Arbeit diente den ForscherInnen der Modellorganismus Hefe, der in zellulärer Organisation und biochemischen Stoffwechselprozessen humanen Zellen sehr ähnlich ist. Deshalb lassen sich viele an Hefezellen gewonnene Erkenntnisse auch auf menschliche oder tierische Zellen übertragen. „Unsere Resultate zeigen eine unerwartete Reaktion zentraler regulatorischer Prozesse, die die Zellen brauchen, um auf die verschiedenen Reize reagieren zu können, auf einen veränderten Homocystein-Haushalt“, schildert die federführende Wissenschafterin Dr. Oksana Tehlivets vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Uni Graz. Insbesondere die dramatischen Auswirkungen auf den Fettstoffwechsel, die auch für die humanen Erkrankungen charakteristisch sind, lassen sich nunmehr mechanistisch erklären. „Wir beginnen erst jetzt zu verstehen, welch enorm großen Einfluss diese spezielle Aminosäure, die nicht in Eiweißen vorkommt, auf die zelluläre Physiologie insgesamt haben könnte. Um auf die Homocystein-assoziierten Erkrankungen entsprechend reagieren zu können, ist ein umfassendes Verständnis dieser Prozesse notwendig", bekräftigt Tehlivets.
Publikation:
Myriam Visram; Maja Radulovic; Sabine Steiner; Nermina Malanovic; Thomas O. Eichmann; Heimo Wolinski; Gerald N. Rechberger; Oksana Tehlivets (2018). Homocysteine regulates fatty acid and lipid metabolism in yeast. The Journal of Biological Chemistry, Vol. 293, Issue 15, 5544-5555.
Donnerstag, 19.04.2018