Was passiert im Gehirn beim kreativen Denken? Und was unterscheidet weniger kreative von kreativen Menschen? An der Karl-Franzens-Universität Graz beschäftigen diese komplexe Fragestellungen die Wissenschafter Assoz.Univ.-Prof. Dr. Andreas Fink und Dr. Mathias Benedek vom Institut für Psychologie. Sie analysieren Vorgänge im menschlichen Gehirn, die bei kreativem Denken angestoßen werden. „Wir wissen durch unsere langjährigen Studien, dass sich kreatives Denken nicht nur in der Aktivierung bestimmter Gehirnregionen widerspiegelt, sondern insbesondere auch in der Art wie große Gehirnnetzwerke interagieren“, erklärt Mathias Benedek.
Nun konnten die Grazer Psychologen gemeinsam mit KollegInnen aus China sowie den USA und mittels eines neuartigen Verfahrens – connectome-based predictive modeling (CPM) – Herausragendes entdecken: In vier voneinander unabhängigen Datensätzen wurde erkennbar, dass sich die Kreativität einer Person auch durch das Konnektivitätsmuster ihrer Gehirnnetzwerke robust vorhersagen lässt. Die Ergebnisse wurden kürzlich in einer gemeinsamen Publikation unter Federführung der Universität Harvard im Fachjournal PNAS veröffentlicht.
Die WissenschafterInnen konzentrierten sich bei ihren Tests auf die aktive Zusammenarbeit unterschiedlicher Gehirnregionen und nahmen diese durch den Einsatz der Kernspintomographie (funktionelle Magnetresonanztomographie) unter die Lupe. „Interessanterweise interagieren beim kreativen Denken bestimmte Netzwerke, die sonst eher unabhängig sind oder sogar gegenläufig agieren. Und bei kreativen Personen ist dieses Zusammenspiel stärker ausgeprägt, sodass sogar eine Vorhersage von individuellen Unterschiede in der Kreativität möglich ist“, sagt Benedek. „Besonders bemerkenswert ist, dass in dieser Arbeit die kreative Denkleistung von Personen über vier unabhängige Datensätze aus China, den USA und Österreich hinweg in konsistenter Weise vorhergesagt werden kann“, führt Andreas Fink aus.