Die Automobilindustrie muss grüner werden. Daran führt kein Weg vorbei. Bei der Entwicklung zukunftsfähiger Fahrzeugkonzepte ist neben der Suche nach alternativen Treibstoffen und Antriebsmethoden auch der Einsatz nachhaltigerer Materialien ein wesentlicher Faktor. Im Projekt „WoodC.A.R. – Computer Aided Research“ arbeiten WissenschafterInnen mehrerer österreichischer Universitäten und Forschungseinrichtungen gemeinsam mit UnternehmenspartnerInnen an Möglichkeiten der Verwendung von Holz im Fahrzeugbau. Dabei geht es um weit mehr als edle Optik im Innenraum auch lastabtragende Strukturen sollen entwickelt werden. Ein zur Gänze aus Holzverbund- und Naturstoff gefertigter Seitenaufprallträger wurde bereits zum Patent angemeldet. Am Institut für Systemwissenschaften, Innovations- und Nachhaltigkeitsforschung (SIS) der Universität Graz begleitet Tobias Stern mit seinem Team die Entwicklung von Prototypen mit Analysen unter Gesichtspunkten ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit sowie der Auswirkungen auf Regionalwirtschaft und Beschäftigung. Koordiniert wird das COMET-Projekt vom Innovationszentrum W.E.I.Z. und der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien, finanziert von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) sowie den Ländern Steiermark und Tirol.
Der Einsatz von Holz im Fahrzeugbau könnte entscheidend zur Sicherung des Automobilstandorts Europa beitragen“, ist Tobias Stern überzeugt. Der Innovationsforscher mit Schwerpunkt Bioökonomie verweist auf Ergebnisse seiner Arbeitsgruppe: „Angenommen die europäische Fahrzeugindustrie bezieht auch nur ein Prozent ihrer Komponenten nicht mehr von Unternehmen aus den Sektoren ,Grundmetalle und Metallerzeugnisse‘, sondern von Betrieben der Sektoren ,Holz und Produkte aus Holz ‘, dann würde das zirka ein bis zwei Millionen mehr Arbeitsstunden pro Jahr in den 27 EU-Staaten bringen, also ungefähr 6 000 bis 7 000 Arbeitsplätze schaffen.“
Und auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit wäre Holz ein Gewinn: „Würde ein Prozent der stahlbasierten Komponenten mit holzbasierten Komponenten ersetzt, könnten global pro Jahr rund 140 000 Tonnen Treibhausgase, gemessen in CO2-Äquivalenten, sowie zirka 990 000 Tonnen fossile und mineralische Rohstoffe eingespart werden. Gleichzeitig würde sich die Biomasse-Nutzung um rund 590 000 Tonnen pro Jahr erhöhen, mit dem stärksten Anstieg – 380 000 Tonnen – in der EU“, fasst Stern zusammen.
Holz ist ein Hochleistungswerkstoff, wenn man weiß, wie man ihn behandeln bzw. einsetzen muss. Damit er die für Fahrzeuge nötigen Anforderungen, etwa in Bezug auf Belastbarkeit oder Haltbarkeit, erfüllt, wird er im Verbund mit Klebstoffen, Kunststoffen, Metallen und anderen nachwachsenden Rohstoffen verwendet. Hier leisten die ExpertInnen am Institut für Holzforschung der BOKU in Wien und Tulln unter der Leitung von Dr. Ulrich Müller Pionierarbeit. „Ein wesentlicher Faktor ist in diesem Zusammenhang auch das Gewicht. Der Einsatz von Holz darf das Auto nicht schwerer machen. Das würde sich in der Ökobilanz sofort negativ niederschlagen“, erklärt Claudia Mair. Sie arbeitet im Rahmen des Projekts an ihrer Dissertation.
Eine weitere große Herausforderung ist, das Verhalten von Holz, etwa bei einem Aufprall, zu berechnen. Das machen ExpertInnen des Kompetenzzentrums „Virtual Vehicle“ und KollegInnen am Institut für Fahrzeugsicherheit (VS) an der TU Graz. Ihre Simulationen ermöglichen den Bau von Prototypen, die dann getestet und immer weiter verbessert werden, bis sie alle Anforderungen erfüllen.
Für den Fahrzeugbau braucht man vor allem Laubholz, das nicht nur im Sinne der ökologischen Nachhaltigkeit, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen keine Transportwege aus Übersee zurücklegen soll. Bedenken, dass das unsere Wälder gefährden könnte, hat Stern aber nicht: „In Europa wachsen die Waldflächen und durch den fortschreitenden Klimawandel wird die Forstwirtschaft hierzulande verstärkt auf Laubholz umstellen. WoodC.A.R. stellt mit seinen Zielsetzungen, Holz in völlig neue Wertschöpfungsketten zu integrieren, eine bedeutende Initiative für Forschungsaktivitäten rund um das wichtige Thema Bioökonomie dar.“
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