Am Donnerstag ist Internationaler Frauentag. In Österreich erhält das Frauenvolksbegehren derzeit regen Zulauf. Die Gleichstellung der Geschlechter ist also auch 2018 noch keine Selbstverständlichkeit. Dabei haben AktivistInnen bereits vor exakt 100 Jahren einen Meilenstein erreicht: das Wahlrecht für Frauen. Ao.Univ.-Prof. Dr. Anita Ziegerhofer vom Institut für Rechtswissenschaftliche Grundlagen der Karl-Franzens-Universität Graz analysiert die Entwicklung dorthin und die verschiedenen ideologischen Positionen der UnterstützerInnen. Ihre Publikation zum Jubiläum erscheint im Herbst.
„Sozialdemokratische wie auch bürgerlich-liberale Frauen haben jahrzehntelang für ein Stimmrecht gekämpft. Dieses schuf das Fundament für die Gleichstellung der Geschlechter, um die bis heute gerungen wird“, betont Ziegerhofer. Während die parteilosen Aktivistinnen – unter ihnen Adelige, Lehrerinnen, Erzieherinnen – ihr Engagement als Geschlechterkampf betrachteten, verstanden es die Sozialdemokratinnen als Teil des Klassenkampfs. Sie stritten anfangs an der Seite der Männer für den Zugang zu den Urnen. 1907 wurde das allgemeine und direkte Männerwahlrecht eingeführt, das erstmals Arbeiter, Dienstleute und vom Staat abhängige Personen miteinschloss. Die Frauen gingen leer aus. Sie engagierten sich unter anderem in der „International Alliance of Women“, um länderübergreifend ihre Forderungen durchzusetzen.
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges kamen die Aktivitäten zwar vorerst zum Erliegen, die Ausnahmesituation verlieh der Bewegung allerdings Rückenwind: „Die Frauen übernahmen Aufgaben und Berufe der Männer und bewiesen als ‚Soldatinnen des Hinterlandes‘ ihre Bedeutung für die Gesellschaft“, fasst Ziegerhofer zusammen. In diesen Jahren pochten vor allem die Sozialdemokratinnen auf ihre Rechte und versprachen, sich im Parlament für den Frieden sowie für die Fürsorge für Arme, Witwen und Waisen stark zu machen. Am 12. November 1918 wurde die ‚Republik Deutschösterreich“ feierlich aus der Taufe gehoben. Am selben Tag erhielten auch die Frauen endlich das ersehnte Recht. An der Nationalratswahl 1919 durften sie erstmals teilnehmen, bekamen für ihre Stimmzettel allerdings anders gefärbte Kuverts als die Männer. Auf diese Weise wollte man das weibliche Wahlverhalten erkunden. Die Auszählung nach Geschlechtern wurde in Wien bis 1996 beibehalten.
Sieben Sozialdemokratinnen und eine Christlich-Soziale schafften 1919 den Einzug ins Parlament. Acht Jahre später wurde mit der Steirerin Olga Rudel-Zeynek (1871–1948) die erste Frau weltweit Bundesratspräsidentin.
Ein ausführlicher Bericht über die Forschungen findet sich in der aktuellen Ausgabe des Magazins UNIZEIT.