Die Welt steckt in der Krise. Wirtschaft und Tourismus sind aufgrund der Pandemie eingebrochen. Täglich neue Meldungen in den Medien verunsichern die Gesellschaft. Es ist noch ungewiss, ob ein Urlaub im Ausland im Sommer 2020 überhaupt möglich ist. „Vieles hängt von den politischen Entscheidungen der kommenden Wochen und Monate ab, ob wir Österreich für einen Urlaub verlassen dürfen“, weiß Thomas Schoditsch, Wissenschafter am Institut für Rechtswissenschaftliche Grundlagen der Universität Graz. Auch wenn derzeit Unklarheit unter den UrlauberInnen herrscht, rät der Experte noch abzuwarten und sich in Geduld zu üben. Denn der Zeitraum zwischen Stornierung und Urlaubsantritt kann entscheidend sein, ob das Geld refundiert wird oder nicht.
„Im ersten Schritt ist zu klären, ob es sich um eine Pauschalreise oder eine Individualreise handelt. Die Pauschalreise ist praktisch der häufigste Typ des Reisevertrags: Sie liegt im Wesentlichen dann vor, wenn von einem Unternehmen eine Kombination zweier verschiedener Arten von Reiseleistungen – etwa Flug plus Übernachtung – angeboten wird“, klärt Schoditsch auf. Pauschalreisen unterliegen einem gesetzlichen Rücktrittsrecht. „Voraussetzung eines Reiserücktritts hierbei ist, dass am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände auftreten und dadurch die Reisedurchführung erheblich beeinträchtigt wird.“ Als ein solcher Umstand ist etwa der Ausbruch einer schweren Krankheit am Reiseziel mit erheblichen Gefahren für die menschliche Gesundheit – wie etwa COVID-19 – zu werten. Besteht ein solches Rücktrittsrecht, kann der Pauschalreisende seine Reise kostenfrei stornieren und erhält sämtliche Anzahlungen zurück.
Fall der Unzumutbarkeit
Bei Individualreisen – also bei der getrennten Buchung von Transportmittel und Unterbringung – fehlt ein ausdrückliches gesetzliches Rücktrittsrecht. Die Judikatur behilft sich hier mit der Konstruktion des „Wegfalls der Geschäftsgrundlage“. „Liegt zum Beispiel eine Unzumutbarkeit vor, so steht dem Reisenden in aller Regel ein Rücktrittsrecht zu. Für Auslandsreisen sind dabei insbesondere Reisewarnungen des Bundesministeriums für Europäische und Internationale Angelegenheiten maßgeblich“, betont der Jurist. Ist aber bis zum Reiseantritt noch Zeit und können nachfolgende Ereignisse zu einer Verminderung des Risikos führen, muss der Reisende vorerst die weitere Entwicklung im Zielland abwarten.
Unklar ist die Angelegenheit bei der Rückerstattung von Flugtickets: Die Fluglinien sind nach EU-Recht dazu verpflichtet den KundInnen für ausgefallene und stornierte Flüge das Geld zu retournieren. Viele Airlines behelfen sich derzeit mit der Ausgabe von Gutscheinen. Der ehemalige Richter Schoditsch ruft auch hier auf, geduldig zu sein: „Passagiere müssen sich eventuell darauf einstellen, sich das Geld übereinen Rechtsweg zu erstreiten.“ In diesem Fall sollte man genau abwägen, ob es sich lohnt, für einen 30-Euro-Flug einen mehrmonatigen Rechtsstreit in Kauf zu nehmen.
Das vollständige Interview ist hier nachzulesen:
https://rewi.uni-graz.at/de/neuigkeiten/detail/article/urlaubsstornierung-wegen-corona/